Mittwoch, 22. März 2017

{Rezension} Cold Reset - Erinnern ist tödlich

Bevor ich zur Buchmesse fahre und dort einen der Autoren dieses spannenden Thrillers treffen darf (Noah Alexander ist ein Pseudonym, dahinter steckt ein interessantes Experiment, aber davon später mehr), möchte ich euch noch diese Rezension zeigen.








Stell dir vor, du wachst auf und kannst dich an nichts mehr erinnern. So geht es Ben, der gerade mit einem Auto im Fluss versinkt, ohne zu wissen, wie er dahin gekommen ist. Sein einziger Anhaltspunkt ist ein Handy, das er bei sich trägt. Dort geht eine SMS ein: "Lauf, Ben, lauf!" Und so läuft er, quer durch Europa, denn seine Verfolger sind immer knapp hinter ihm. Dabei versucht er, möglichst viele Informationen über sich zu gewinnen. Wer ist er wirklich? Wer hat sein Gedächtnis gelöscht? Und warum wird er gejagt?








Während seiner rasanten Flucht begegnet Ben unterschiedlichen Leuten. Nicht alle sind ihm natürlich positiv gesinnt, aber zu meiner Überraschung haben sich doch einige Helfer gefunden, die ihm seine Geschichte glauben und nicht an seinen guten Eigenschaften zweifeln. Immerhin könnte er alles mögliche getan haben. Dann ist da natürlich noch der Unbekannte, der ihm am Anfang mehrere SMS schreibt, um ihn zum sogenannten Safe House zu lotsen. Danach hören wir von ihm lange nichts mehr, bis am Ende schließlich alles aufgeklärt wird. Diese SMS haben mir das größte Rätsel aufgegeben.
Von Anfang an ist die Geschichte sehr spannend und sie kommt auch zwischendurch nicht zur Ruhe. Immer, wenn man meint, Ben wäre jetzt ein Stück weiter, tauchen entweder neue Probleme auf oder die Verfolger stehen mal wieder vor der Tür. Die scheinen nämlich über Mittel und Wege zu verfügen, ihn überall aufzuspüren. Bis zum Schluss ist nicht sicher, wer diese Geschichte überleben wird. Auch die Zusammenhänge zwischen den Figuren und Ereignissen ergeben sich nicht immer sofort. Dafür hatte ich zunehmend mehr Fragen und musste auf manche Antworten sehr lange warten. Zwar wird am Ende alles erklärt, aber hier hätte man ruhig noch ein paar Worte mehr verlieren können. Da sind die Geschehnisse dann doch ziemlich knapp zusammengefasst.
Der Schreibstil war für die Geschichte passend. Die Kapitel sind kurz, enden aber fast immer mit einem Cliffhanger, sodass man das Gefühl hat, schnell voranzukommen, aber nicht aufhören kann zu lesen. Auch die Sätze sind kurz und leicht verständlich. Dadurch ließ sich das Buch locker lesen und ich bin nicht hängengeblieben, was mich aus der spannenden Atmosphäre herausgerissen hätte.
Ben war eine faszinierende Hauptfigur. Da er sich an gar nichts erinnern kann, aber immer aus seiner Sicht erzählt wird, kann der Leser gemeinsam mit ihm das Geheimnis Stück für Stück aufdecken. Es passieren aber eben auch viele Dinge, die erstmal nicht verständlich sind. Ich konnte mich nicht mit Ben identifizieren wie mit anderen Protagonisten, weil anfangs nicht viel von ihm da war. Je länger er unterwegs ist, desto mehr entwickelt er jedoch eine Persönlichkeit, auch ohne seine Vergangenheit zu kennen. Das fand ich unglaublich interessant, schließlich hat er keine Ahnung, was für ein Mensch er früher war. Er ist wie das Meer; die Oberfläche erscheint gleichmäßig und man kann nicht sehen, welche Untiefen sich darunter verbergen. Ganz tief unten ist es so dunkel, dass er nicht mal selbst weiß, was sich dort verbirgt. Und wenn etwas daraus hervorkommt, dann sind alle überrascht.
Vielleicht verbirgt sich hinter all der Action eine tiefere Botschaft. Für mich geht es in diesem Buch auch um die Suche nach sich selbst, nach dem, was mich wirklich ausmacht, und um die Kraft zur Veränderung, die uns oft fehlt. Manchmal müssen wir etwas altes hinter uns lassen, um das Leben zu führen, mit dem wir glücklich sein können. Manchmal brauchen wir Hilfe von außen, um uns selbst zu erkennen und im richtigen Licht zu sehen. Und manchmal müssen wir Fehler eingestehen, damit es weitergehen kann.
Die Autoren haben auch eine kleine Romanze eingebaut, die sich wunderbar in das Gesamtgebilde einfügt. Sie baut sich langsam auf und als die Protagonisten sich ihrer bewusst werden, ist die Liebe schon so stark, dass sie auch alles weitere überwinden kann. Ich fand es erfrischend, dass die Beziehung hier eher pragmatisch angegangen wurde und es kein langes hin und her gab. Sie tritt wenn nötig hinter die Haupthandlung zurück und lenkt auf leise Art das Handeln der Figuren.
Ein bisschen naturwissenschaftlich wird es, wenn man erfährt, wie Ben Gedächtnis gelöscht wurde und was er jetzt tun soll. Dabei haben sich die Autoren auf die Grundlagen beschränkt, diese aber verständlich erklärt. So geht die Spannung nicht verloren und man kann auch ohne besondere Kenntnisse nachvollziehen, worum es geht. Gleichzeitig erscheint alles fundiert und glaubwürdig.









Unheimlich spannender Thriller von einer Jagd quer durch Europa und der verzweifelten Suche nach der Wahrheit. Für mich aber ein Buch, das man nur einmal lesen kann, weil man danach das Geheimnis kennt. Die vielen unbeantworteten Fragen sind es, die zum Weiterlesen animieren.

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