Sonntag, 27. August 2017

{Rezension} Der schönste Grund, Briefe zu schreiben

Je länger ich über dieses Buch nachdenke, desto mehr kann ich daraus mitnehmen.








Nach mehr als hundert Jahren soll das Postamt im kleinen Ort Porvenir geschlossen werden, weil zu wenig Bedarf besteht. Für die Briefträgerin Sara würde das die Versetzung in die Stadt bedeuten, fort aus ihrem gewohnten Leben. Um das zu verhindern, beginnen die Bewohner Porvenirs eine Briefkette, die nebenbei auch noch fremde Menschen zusammenführt und das Leben aller verändert.







Dieses Buch hat sich ganz anders entwickelt, als ich es nach den ersten Seiten erwartet hätte.
Man lernt zuerst Rose kennen, eine verwitwete ältere Frau, die auch in die Problematik einführt. Sie ist die Nachbarin von Sara, der Briefträgerin im kleinen spanischen Ort Porvenir. Sie soll in die Stadt versetzt werden, weil das Postamt im Ort nicht mehr benötigt wird. Rose rafft sich nun auf, nach Jahrzehnten des Schweigens einen Brief an ihre beste Freundin aus Jugendtagen zu schreiben und schickt ihn an das Haus, in dem diese damals gewohnt hat. Dann wechselt die Perspektive und man begleitet Alma dabei, wie sie den Brief findet. Seit einigen Tagen wohnt sie nun in besagtem Haus. Der Brief enthält die Aufforderung zu einer Briefkette, um Saras Arbeitsplatz zu sichern. Alma schreibt nun den nächsten Brief an ihre Lieblingsdichterin, die zufällig gerade in Porvenir Urlaub macht, wenn auch eigentlich inkognito. So setzt sich die Briefkette fort und man lernt nach und nach verschiedene Leute aus dem Dorf kennen, die alle ihre eigene Geschichte haben. Zwischendurch gibt es immer Abschnitte, die Saras Leben zeigen.
Nach und nach bilden sich jedoch Verbindungen zwischen den einzelnen Dorfbewohnern, die über die Briefe hinausgehen. Durch unerwartete Begegnungen und neue Freundschaften kann sich bei jedem etwas zum Positiven entwickeln. Der eine kommt aus seinem Schneckenhaus und der andere findet die große Liebe. Je mehr sich der Einzelne öffnet, desto stärker wachsen sie alle zusammen. Doch natürlich kann nicht alles eitel Sonnenschein sein und die Realität ist oft anders, als man denkt.
Ein besonderes Plus ist, dass die Briefe, die in der Geschichte geschrieben werden, immer abgedruckt sind. Sie spielen eine große Rolle für die Handlung und gewähren einen tieferen Einblick in die Figuren.
Ich habe mich allen Protagonisten verbunden gefühlt, konnte ihre Vergangenheit kennen lernen und ihre Handlungen verstehen. Es gab keine direkte Hauptperson, da die Perspektive sich immer wieder ändert. Manche Personen kamen ein bisschen öfter vor als andere, aber jeder hatte Anteil an der Geschichte und für jeden habe ich mich interessiert. Bis zum Schluss hatte ich sie alle in mein Herz geschlossen, obwohl niemand von ihnen irgendwie außergewöhnlich ist. Vielleicht macht hier gerade die Schönheit der Normalität den Reiz aus.
Das Buch ist sehr ruhig geschrieben. Es war sehr angenehm zu lesen, verständlich, aber nicht zu simpel. In vielen kleinen Details wird ein buntes Bild von Porvenir und seinen Bewohnern gemalt. Trotzdem hat mich die Geschichte in ihren Bann gezogen, weil die ganze Atmosphäre so freundlich und lebenshungrig war.
Die Autorin schafft ein gutes Verhältnis zwischen romantischen Liebesgeschichten, den Schattenseiten des Lebens und der Kraft der Freundschaft. Dabei zeigt sie, dass jeder seinen eigenen Weg gehen muss und jeder Weg, der zum persönlichen Glück führt, in Ordnung ist. Dadurch, dass die Figuren einander annehmen, ohne sich gegenseitig verändern zu wollen, sind sie Vorbild für unsere Gesellschaft, deren Sichtweise oft auf einen "Idealweg" beschränkt ist.







Ein Buch, dass mich tief bewegt hat und gleichzeitig leicht und fröhlich vom Leben schwärmt. Wunderbare Sommerlektüre, die Lust macht auf einen Urlaub im idyllischen Spanien.

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