Montag, 11. Februar 2019

{Rezension} Die Sprache der Dornen

Auch in meiner geliebten Krähen-Welt, die andere von euch vielleicht aus den Grischa-Büchern kennen, erzählt man sich abends am Lagerfeuer Geschichten. Leigh Bardugo hat sie nun für uns aufgeschrieben.








Ein verfluchter Königssohn bringt Leid und Schrecken über das Land. Eine Hexe im tiefen Wald kann im wahrsten Sinne des Wortes zauberhaft backen. Ein Spielzeugsoldat erwacht zum Leben und entführt seine Prinzessin in ein fernes Land. Ein Mädchen aus dem Wasservolk singt Schätze und Verderben herbei. Doch oftmals enden die Geschichten anders, als man denkt. Ist wirklich alles so, wie es scheint?







Dieses Buch macht einfach Spaß. Es ist mit viel Liebe gestaltet und man kann auf jeder Seite etwas neues entdecken. Die Bilder an den Seitenrändern stellen nämlich nicht nur die jeweilige Geschichte dar, sondern werden auch auf jeder Seite ein Stückchen erweitert. Am Ende jeder Geschichte ist dann nochmal eine große Zeichnung zu finden.
Neben den grafischen Elementen gibt es aber auch in den Texten selber eine ganze Menge zu entdecken. In vielen Geschichten stecken Bezüge zu uns bekannten Märchen. Dabei werden diese allerdings nicht einfach kopiert, sondern die Figuren erhalten eine neue Tiefe und ihre Motive werden offen gelegt. So entstehen ganz neue Zusammenhänge und die Geschichten nehmen oftmals eine völlig andere Wendung. Ich fand es total spannend, mal eine andere Perspektive einzunehmen und mir die Figuren in den eigentlich bekannten Geschichten genauer anzusehen.
Da ist zum Beispiel die junge Ayama, die immer im Schatten ihrer hübschen und talentierten Schwester steht. Sie soll ein Biest besänftigen, das ihr Dorf bedroht, doch niemand rechnet mit ihrem Erfolg. Dann ist da Nadja, die sich im Wald verläuft und plötzlich vor einem Lebkuchenhaus steht. Doch statt im Ofen zu landen, wird sie liebevoll aufgenommen und in die Backkunst eingeführt. In der See des Nordens lebt die Sildroherin Una, die mit ihrer Stimme nie dagewesenes erschaffen kann. Doch diese Macht bringt auch Gefahren mit sich. Was wird mit all diesen Figuren geschehen? Welchen Weg wird ihr Leben nehmen und welche Entscheidungen werden sie treffen?
Oft regen die Geschichten zum Nachdenken an, weil sie die Abgründe der Personen zeigen, aber auch, wie gewisse Ereignisse die Menschen verändern. Sie fragen nach den Beziehungen, die uns ausmachen und danach, wer es wirklich gut mit uns meint. Dabei ist doch vieles nicht so, wie es zunächst zu sein scheint.
In den Geschichten wird die Welt meiner geliebten Krähen noch einmal lebendig. Sie entstammen den verschiedenen Ländern und Völkern und zeigen deren Eigenheiten und Topografie. So bekommt man auch nochmal ein paar kleine Geheimnisse mit und kann erahnen, wie es ist, in diesen Ländern aufzuwachsen.
Dadurch, dass jede Geschichte in sich abgeschlossen ist, eignet sich das Buch auch dazu, über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder zur Hand genommen zu werden. Wer weiß, vielleicht werden meine Kinder einst mit diesen Geschichten einschlafen und von einer Welt träumen, in der alles möglich scheint.
Es ist auch nicht notwendig, Grischa oder die Krähen gelesen zu haben. Die Märchen spielen zwar in dieser Welt, doch sie sind problemlos ohne Vorkenntnisse zu verstehen.








Ein zauberhaftes Märchenbuch, dass durch seine liebevolle Gestaltung ebenso besticht wie durch seine spannenden und lehrreichen Geschichten.

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