Donnerstag, 14. März 2019

{Rezension} Bus 57

Dieses Buch schildert eine wahre Geschichte. Es geht unter die Haut, regt zum Nachdenken an und lässt einen nicht mehr los. Selten wurde eine Tragödie so eindrücklich geschildert.








Am 4. November 2013 zündet ein Junge einen Menschen an. Auf dem Heimweg von der Schule, im Bus. Liegt es wirklich daran, dass der vermeintliche Junge einen Rock getragen hat? Was ist überhaupt ein Hassverbrechen? Dieses Buch erzählt, welche Menschen hinter der Geschichte stecken und wie ihr Leben durch einen dummen Streich verändert wurde.







Wie schnell bilden wir uns eine Meinung und wie schwer ist es, diese wieder zu verändern. Genau das erlebt auch Richard, nachdem er verhaftet wurde. Eben noch war er mit seinen Freunden auf dem Heimweg und nun muss er sich für ein Gewaltverbechen verantworten, dass er nie begehen wollte. Monatelang wird darüber diskutiert, ob seine Tat ein Urteil nach dem Erwachsenenstrafrecht rechtfertigt. Dabei ist Richard erst 16 Jahre alt. Wer ist dieser Mensch, der in der Lage ist, einen anderen anzuzünden?
Sasha ist agender. In seinem Umfeld hat sier damit keine Probleme, doch für Außenstehende ist diese Information oft schwer zu verstehen. Als biologischer Junge geboren, hat sier keine Lust, sich in Geschlechterschubladen pressen zu lassen. Seit einigen Jahren trägt Sasha nur noch Röcke, weil sie bequem sind. Im Deutschen wird das geschlechtsneutrale Pronomen "sier" verwendet, um sein Gender wiederzugeben.
Das Ereignis hält die Menschen monatelang in Atem, der Prozess zieht sich mehr als ein Jahr lang hin. Fremde signalisieren Unterstützung für Sasha, überall kennt man sien plötzlich. Sier Leben hat sich ebenso wie Richards von Grund auf verändert.
Die Autorin versucht einen Blick hinter das Offensichtliche. Auf der Grundlage ihrer Gespräche und Recherchen porträtiert sie die beiden Jugendlichen sehr ausführlich und macht sie für den Leser lebendig. Ich habe so zu beiden eine Bindung aufgebaut und es fiel mir wirklich schwer, Richard weiterhin als normalen Straftäter abzustempeln. Außerdem wird deutlich, wer alles von einem solchen Prozess betroffen ist; Familie, Freunde, Lehrer, Zeugen. Sie alle kommen zu Wort und zeigen, dass nichts so einfach ist wie es scheint. Heilung und Vergebung werden nicht durch ein Gerichtsurteil erreicht.
Zusätzlich bekommen wir einen Einblick in das kalifornische Rechtssystem. Alle Informationen sind so aufbereitet, dass sie ohne Vorkenntnisse verstanden werden können, und gleichzeitig so differenziert, dass die Grautöne sichtbar werden.
Das Buch ist kein typischer Roman, sondern eher eine Sammlung von Informationen, die thematisch geordnet wurde. Die Kapitel behandeln jeweils einen eigenen Aspekt und fügen so Stück für Stück ein buntes Puzzle zusammen. Es lässt sich leicht lesen und hat mich an die Seiten gefesselt.
Die Geschichten von Richard und Sasha lassen mich immer noch nicht los. Da ist so vieles, das mich schockiert hat, aber auch so viele Momente von Glück und Freundschaft. In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich? Ich habe auf jeden Fall gelernt, dass jeder Mensch es wert ist, ihm zuzuhören und zu helfen. Und dafür können wir alle einen Beitrag leisten. Jeden Tag begegnen wir anderen Menschen und nur wir selbst entscheiden, wie wir uns ihnen gegenüber verhalten.








Dieses Buch habe ich fast am Stück lesen müssen, weil es mich so sehr in seinen Bann gezogen hat. Ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit und eine Überlegung zu den Werten des Justizsystems.

1 Kommentar:

  1. Hey =)

    das hört sich schon nach einer sehr heftigen Geschichte an. Als ich las, dass diese Geschichte auf einer wahren Begebenheit beruht, konnte ich es kaum glauben. Ich habe mich mit dem Thema bisher kaum beschäftigt, aber ich hätte schon Lust dazu.

    LG
    Anja

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